Meldung vom 26.08.2014 / DEG

Nachgefragt bei dem Leiter der DEG-Abteilung Deutsche Unternehmen

Cornelius Thor

Herr Thor, Sie kümmern sich mit Ihrer Abteilung um die Finanzierung von deutschen Unternehmen, die in Zukunftsmärkten investieren. Was wird von deutschen Kunden nachgefragt und was bietet ihnen die DEG?

Unsere deutschen Kunden sind vor allem auf der Suche nach Lösungen, die einen Mehrwert für die Bewältigung besonderer Herausforderungen bei Investitionen in Zukunftsmärkten schaffen. Bewegt sich ein Unternehmen beispielsweise in einen neuen Markt mit schwierigen institutionellen Rahmenbedingungen, schützen das Netzwerk der DEG und das politische Gewicht der KfW Bankengruppe unsere Kunden möglicherweise vor unnötigen Negativerfahrungen. Verstärkt wird dieser Mehrwert dadurch, dass die DEG über Programmfinanzierungen deutsche Unternehmen unter anderem bei Markt- und Machbarkeitsstudien oder Ausbildungsmaßnahmen unterstützt. Das kann den Erfolg der Investition maßgeblich positiv beeinflussen und dazu beitragen, dass das Unternehmen vor Ort Fuß fassen kann. In finanzwirtschaftlicher Hinsicht kann die DEG mit langfristigen Finanzierungen auch in Lokalwährung, der Nutzung von lokalen Vermögensgegenständen zur Kreditbesicherung oder Laufzeiten jenseits der zehn Jahre gute Lösungen anbieten. Und wir übernehmen Risiken: durch "Non-Recourse" Finanzierungen, Projektfinanzierungen sowie Equity und Mezzanine Finanzierungslösungen sind wir direkt beteiligt. Deutsche Unternehmen erhalten bei uns also deutlich mehr als "nur" Liquidität für ihre Investitionen.

Für welche Branchen ist eine Direktinvestition in Entwicklungs- und Schwellenmärkten besonders interessant?

Für ein international agierendes Unternehmen stellt sich die Grundsatzfrage: Exportieren oder lokal produzieren? Der Weg der Markterschließung führt eigentlich immer über den Handel, aber irgendwann kann eine kritische Absatzmenge für eine Direktinvestition erreicht sein. Deshalb ist nicht nur die Branche ein maßgeblicher Faktor für eine Auslandsinvestition, sondern genauso das Zielland und sein aktuelles und perspektivisches Nachfragepotenzial. Für die hochtechnisierte deutsche Industrie, die in schmalen Marktnischen mit hohen Weltmarktanteilen wie im Maschinen- und Anlagenbau operiert, lohnt sich eine lokale Fertigung dort, wo hohe Stückzahlen abgesetzt werden können. Daher produzieren viele deutsche Unternehmen in größeren und strukturell weiter entwickelten Schwellenländern wie Brasilien, China oder Russland. In vielen anderen Zukunftsmärkten wie etwa auf dem afrikanischen Kontinent sind sie jedoch noch nicht mit eigenen Produktionen vertreten. Dort sind Engagements im Infrastruktursektor und in infrastrukturnahen Industrien interessant - beispielweise privatwirtschaftliche Ansätze in der alternativen Energieerzeugung und -distribution sowie in der Bau- und Baustoffindustrie. Auch in der Landwirtschaft, im Tourismus und der Gesundheitsindustrie gibt es vielversprechende Erfolgsgeschichten.

Eine der expansionsfreudigen Branchen ist die Automobilindustrie. Welche Chancen und Herausforderungen bieten sich für mittelständische Automobilzulieferer in Entwicklungs- und Schwellenländern?

Chance und Notwendigkeit liegen hier nahe beieinander, da Hersteller und Zulieferer immer enger miteinander verzahnt arbeiten. Beim Gang der Automobilhersteller in neue Märkte wird von den Zulieferern erwartet, möglichst bald nachzufolgen. Und das ist sehr verständlich: Am Erfolg der deutschen Marken haben die Zulieferer, die rund 80 Prozent der Wertschöpfung im Auto repräsentieren, einen hohen Anteil. Die Chance ist, dass Hersteller und Zulieferer ihr Produkt erfolgreich als "das Maß der Dinge" in den Wachstumsmärkten etablieren. Eine lokale Produktion, die eine exzellente Ausbildung bietet und sich an höchsten Ansprüchen an Qualität, Umweltfreundlichkeit und Sozialstandards orientiert, ist dabei Bestandteil der Markenbotschaft und kurbelt den Absatz vor Ort an. Nicht umsonst hat etwa Volkswagen mit einigen großen Werken in China von Januar bis Juni dieses Jahres rund 1,6 Millionen Fahrzeuge vor Ort verkauft – während andere europäische Hersteller in einem Jahr nur circa 30.000 aus Südkorea importierte Einheiten absetzen konnten.

Um in den Zukunftsmärkten erfolgreich zu sein, bedarf es einer realistischen Planung und stringenten Umsetzung. Selten ist der Absatz abgesehen von der allgemeinen Zyklizität der Branche das Problem. Dagegen hakt es häufig bei Genehmigungsprozessen, an fehlendem Zugang zu Elektrizität oder Gas und Wasser, zu wenig qualifiziertem Personal oder unzureichenden Managementkapazitäten. In der Folge kann es zu Verzögerungen in der Anlauf- und Aufbauphase, Kostenüberschreitungen, erheblichen Qualitätsproblemen und teilweise sogar zur Stilllegung von Werken kommen. Fallen diese Probleme dann mit der Abkühlung der Konjunktur zusammen, kann das für Unternehmen bedrohlich werden. Ein in diesen Weltregionen erfahrener und erfolgreicher Finanzierungspartner, der schon in der Planung mit Rat, Tat und Mitteln unterstützt, ist daher umso wichtiger.

Im Oktober findet der Internationale Automobil Kongress in Wolfsburg statt. Die DEG beteiligt sich an der Tagung und richtet ein "Business Breakfast" für Unternehmensvertreter aus. Was erwartet die Teilnehmer?

Der Schwerpunkt liegt auf Investitionen in den ASEAN-Staaten und den Chancen, die sich in dieser wirtschaftlich höchst dynamischen Region bieten. Bislang sind dort asiatische Automobilmarken bei Weitem führend. Deutsche Hersteller wie Volkswagen wollen jetzt ihre Aktivitäten in der ASEAN-Region deutlich ausbauen. Die Chancen stehen gut, zumal VW in den letzten Jahren erfolgreich Pionierarbeit in Zukunftsmärkten geleistet hat. Nun gilt es, auch die Zulieferindustrie für eine Investition in ASEAN zu gewinnen. Als Finanzierungsexperte werden wir daher im Besonderen auf Möglichkeiten und Herausforderungen für Zulieferer eingehen und auf die Spezifika dieser Länder, in denen die DEG bereits seit Jahrzehnten erfolgreich tätig ist. Gemeinsam mit Fachleuten aus Wirtschaft und Technik wollen wir in den Diskurs über die regionalen Anforderungen der ASEAN-Staaten treten und Automobilzulieferern ermöglichen, Erkenntnisse aus verschiedenen Perspektiven zu sammeln.

Was würden Sie deutschen Unternehmen raten, die in Entwicklungs- und Schwellenmärkten investieren wollen?

Man muss sich beim Betreten von Neuland sehr bewusst sein, dass man nicht einmal weiß, was man alles nicht weiß. Die Erfahrung aus mehr als 50 Jahren hat uns gelehrt, dass kein Land wie das andere ist und jedes Investitionsvorhaben seine Eigenheiten hat. Was in Mexiko richtig war, muss in China nicht notwendigerweise funktionieren und kann in Indien sogar kontraproduktiv sein. Daher sind neben langfristig orientiertem Engagement und Durchhaltevermögen auch Flexibilität im Denken und Handeln gute Voraussetzungen für erfolgreiche Investitionen in Zukunftsmärkten.

Cornelius Thor leitet seit 2011 die DEG-Abteilung für Deutsche Unternehmen. Er arbeitete für Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im In- und Ausland und war in Osteuropa, Zentralasien und Afrika tätig.

Cornelius Thor

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